Bluetooth LE  Audio - Neue Audio-Architektur, neue Möglichkeiten?

04.07.2022 | Christian

Wie kürzlich in der c't (Magazin für Computer und Technik, HEISE) zu lesen war, bekommt der Funkstandard Bluetooth eine neue Audio-Architektur. Neben SBC (Low Complexty Subband Codec), aptX, AAC usw. soll nun LE Audio (Low Energy) hinzukommen. Die sog. Bluetooth Special Interest Group (SIG) hat das bereits auf der CES 2020 angekündigt. Die noch fehlenden Spezifikationen befinden sich nun wohl in der finalen Phase.

Im Wesentlichen scheint es sich hier um eine Technik zu handeln, die mittels eines neuen Kompressionsverfahrens eine noch effektivere Tonübertragung ermöglicht. So soll bei gleichbleibender Datenrate gegenüber SBC entweder die Qualität des Audio-Streams besser werden oder eben weniger Daten bei gleichbleibender Qualität zu übertragen sein - was Energie spart. True Wireless In-Ears können dann sogar getrennte Audio-Streams für R/L separat gesendet bekommen. Jede Seite empfängt dann seinen eigenen Funk-Stream.

Ein besonders angekündigtes Feature ist die Broadcast-Fähigkeit. Diese, unter dem Namen AURACAST vermarktete, Technik ermöglicht es, mit einem BT-Sender beliebig viele Zuhörer mit ihren eigenen Kopfhörern zu beschallen. Beispielanwendungen wären hier Führungen in Museen oder auch allgemeine Durchsagen auf Flughäfen usw. Hierbei sollen bis zu 31 verschiedene Streams zeitgleich möglich sein.

Uns DJs fällt da natürlich gleich die Silent-Disco ein, bei der sich der Gast in den Stream einklinkt und den Sound seiner Wahl direkt auf seine eigenen Kopfhörer bekommt. Das würde solche Events deutlich vereinfachen, wenn man als DJ nur noch einen passenden AURACAST-Sender anschließen muss.

weitere Möglichkeiten

mir persönlich fällt in diesem Zusammenhang ein Problem ein, welches möglicherweise mit dieser neuen Technologie ebenfalls Geschichte sein könnte:

Der Kopfhörer, den jeder DJ fürs Mixing und das Vorhören der Titel verwendet, sind klassisch immer per Kabel mit dem Controller oder dem Notebook verbunden. Alle meine Tests, einen Bluetooth-Kopfhörer zum Vorhören einzusetzen, scheiterten an der viel zu großen Latenz bei der Funkübertragung. Zum Mixen ist man zwingend auf das perfekte Timing zwischen dem vorzuhörenden Player und dem Ton auf dem Ohr angewiesen.

Ein Vergleich:

Bei 120 bpm ist jeder Takt nur 0,5 s lang. Bei 130 bpm nur noch 461ms. Da ist klar, dass man mit einem Standard-BT-Kopfhörer (SBC) und einer Latenz von 170 ... 270 ms keine Chance hat, irgend einen Song beatgenau über einen anderen zu legen. Die visuelle Kontrolle per beat-Grid in der Software und der Ton am Ohr sind meilenweit auseinander.

Selbst aptX, der Standard, der mit einer sehr guten Soundqualität ideal wäre, müsste schon speziell mit aptX LL (low latency) von 120 auf 40ms herunter gebracht werden. Das wären dann noch immer ca. 10% der Taktlänge und wahrscheinlich zuviel.

LE Audio soll hier auf Protokoll-Ebene auf bis zu 10ms herunter kommen (im Vergleich zu 100ms bei SBC), was neue Möglichkeiten für die Vorhör-Kopfhörer eröffnen könnte. (Quelle für die Latenzen: siehe Link unter dem Artikel)

Fazit:

Es bleibt spannend. Vielleicht verlieren zukünftige DJ-Kopfhörer doch noch ihre Kabel und wir DJs sind dann nicht mehr am Controller 'an die Leine gelegt'.

Oder wir schlagen den "schwierigen" Locations endlich ein Schnippchen. Wenn ab 22 Uhr der empfindliche Nachbar die Polizei 'antanzen' lässt, läuft der Sound eben nur noch in Zimmerlautstärke. Die tanzenden Gäste klinken sich dann einfach in den DJ-Stream ein und drehen ihre Kopfhörer so laut sie wollen....

weiterführende Links / Quellen

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